An Innovationen sollten alle teilhaben können. Unsichtbare Organe haben das Potential dazu. Durch ein Organ Care Center als Schnittstelle zwischen Spender und Empfänger.

Verbundziele

Trotz aller Fortschritte in der modernen Transplantationsmedizin bleiben die Organabstoßung, die schweren Nebenwirkungen der lebenslangen Immunsuppression und der Mangel an Spenderorganen die Hauptprobleme der Transplantation. Die transplantationsmedizinische Forschung zur Verbesserung des Transplantatüberlebens konzentriert sich dabei immer auf die Modifikation des Immunsystems des Empfängers, um eine immunologische Blindheit gegenüber dem Transplantat zu erreichen. Diese immunologische Blindheit ist allerdings nicht spenderspezifisch sondern wird über eine generelle Suppression der Kompetenz des Empfängerimmunsystems erreicht. Die generelle Immunsuppression stellt für transplantierte Patientinnen und Patienten die größte Belastung dar, da sie mit schweren Nebenwirkungen wie Tumorentstehung, lebensbedrohlichen Infektionen und Nephrotoxizität assoziiert ist.

Die Immunogenität eines Transplantats wird durch die Genprodukte des Haupthistokompatibilitäts-Komplexes (Major Histocompatibility Complex, MHC) bestimmt, die beim Menschen als Humane Leukozyten Antigene (HLA) bezeichnet werden. Der Mechanismus, über den das Immunsystem allogene Zellen als fremd erkennt, basiert auf der Erkennung dieser HLA-Antigene auf der Zelloberfläche durch zytotoxische T-Zellen und Antikörper. Diese HLA-Antigene sind äußerst polymorph, so dass tausende Varianten existieren, die im Falle einer Organtransplantation als HLA-Mismatch die Organabstoßung begründen. Aber auch im Falle der äußerst seltenen kompletten HLA-Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger kommt es regelmäßig zur Abstoßung, da in den HLA-Molekülen kurze Peptide aus allen endogenen Proteinen präsentiert werden, die unzählige Unterschiede zwischen genetisch differenten Menschen aufweisen und als Minor Histokompatibilitäts-Antigene (mHag) bezeichnet werden.

Das gemeinsame Ziel des Innovationsverbundes ist ein komplett neuer Ansatz, um das Problem der Abstoßung zu lösen: anstatt durch eine Immunsuppression eine immunologische Blindheit beim Organempfänger zu induzieren soll in diesem Projekt eine immunologische Unsichtbarkeit des Spenderorgans erzeugt werden. Dieses Ziel soll durch eine Reduzierung der Immunogenität von Spenderorganen erreicht werden, indem die Gewebemerkmale während der ex vivo Phase des zu transplantierenden Organs gentechnisch gezielt und dauerhaft abgeschaltet werden. Dadurch fehlen die Zielstrukturen für eine immunologisch vermittelte Abstoßung, so dass ein Organ nicht mehr als fremd erkannt werden kann. Die Ergebnisse des Innovationsverbundes sollen dabei die Erreichung der Voraussetzungen für eine nachfolgende klinische Studie liefern und eine Umsetzung in die Anwendung am Menschen ermöglichen. Dafür ist der Aufbau eines Organ Care Center als Schnittstelle zwischen der Organallokation und Transplantation geplant.


Zukunftsvision

Abbildungslegende:

In einem Organ Care Center als Schnittstelle zwischen der Organallokation und Transplantation könnten die Transplantate vor ihrer weiteren Verteilung an die Empfängerzentren zuvor ex vivo so modifiziert werden, dass sie immunologisch unsichtbar sind und somit eine Abstoßung ausbleibt.


Gender- und Diversitätsgerechtigkeit

Gender- und diversitätssensible Medizin

Bisher sind Frauen in der transplantationsmedizinischen Versorgung benachteiligt, da sie aufgrund vorhergegangener Schwangerschaften häufiger als Männer Immunisierungsereignissen ausgesetzt sind. Die dadurch bedingte höhere Inzidenz von Antikörpern gegen Gewebemerkmale führt bei Frauen zu längeren Wartezeiten auf den Transplantationslisten, zu höheren Abstoßungsraten oder einer intensiveren Immunsuppression. Durch die Modifikation der zu transplantierenden Organe wird der Einfluss des Immunisierungsgrades der Empfänger minimiert, so dass die Benachteiligung von Frauen bei der Organvermittlung neutralisiert und eine Gendergerechtigkeit erreicht werden kann.

Neben dieser Genderproblematik besteht in der transplantationsmedizinischen Versorgung eine weitere Chancenungleichheit für Menschen mit Migrationshintergrund. Dies hängt mit der ethnisch bedingten Diversität der Gewebemerkmale zusammen, die dazu führt, dass es aufgrund einer höheren Ungleichheitsrate bei den Gewebemerkmalen zwischen Patient und Empfänger häufiger zu organabstoßenden Antikörperneubildungen kommt. Durch die Modifikation der zu transplantierenden Organe wird der Einfluss des Übereinstimmungsgrades zwischen Spender und Empfänger minimiert, so dass eine Chancengleichheit für alle Patienten unabhängig von der ethnischen Herkunft entsteht.